Kosten nach Vergleich vor dem Sozialgericht

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Auch beim Sozialgericht können die Parteien einen gerichtlichen Vergleich schließen. Sofern das Verfahren gerichtskostenfrei ist, stellt sich nur die Frage, wer die Anwaltskosten trägt.

Überblick

Haben die Parteien keine Bestimmung über die Kosten getroffen, trägt jeder Beteiligte seine Kosten selbst, § 195 SGG.

Haben die Parteien die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen, hat dieses gem. § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei gilt: 

In erster Linie sind die mutmaßlichen Erfolgsaussichten maßgebend, so dass im Zweifel derjenige die Kosten trägt, der verloren hätte. Anlass für eine abweichende Kostenregelung kann der Veranlassungsgrundsatz oder die Änderung der Sach- und Rechtslage während des Verfahrens geben. Die nach einem Vergleichsabschluss zu treffende Kostenentscheidung hat sich am Inhalt der vergleichsweisen Einigung zu orientieren.

Die Kostenentscheidung in einer höheren Instanz betrifft die Kosten aller Rechtszüge.

Zu der beabsichtigten Kostenentscheidung sind die Parteien vorab anzuhören.

Die Kostenentscheidung ist unanfechtbar.

Fall aus der Praxis

In 2018 haben die beiden Kläger als Bedarfsgemeinschaft vorläufige Leistungen nach § 41a SGB II erhalten. 

In 2019 hat das Jobcenter von jedem ca. 1.900 € zurückverlangt. Dagegen haben die Kläger Widerspruch und Klage eingereicht. 

In 2024 hat das Sozialgericht Duisburg entschieden, das Jobcenter solle die Forderung neu berechnen und den Klägern 50% der Anwaltskosten erstatten.

Das Jobcenter hat keine neue Berechnung erstellt. "Ein Urteil wird mit Bestandskraft umgesetzt und nicht eher." Die Kläger sind der Rechtsmittelbelehrung im Urteil gefolgt und haben Berufung eingelegt. Vorsorglich haben sie parallel Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht, weil nach ihrer Berechnung die Forderung auf jeweils 140 € gesunken war.

In 2025 hat das Landessozialgericht NRW den Parteien vorgeschlagen, man möge sich auf 140 € pro Kopf einigen. Damit wären alle Verfahren erledigt. Die Kostenentscheidung werde dem Gericht überlassen. Dem haben die Parteien zugestimmt.

Im Ergebnis konnten die Kläger die Erstattungsforderung vom Jobcenter zu 93% abwehren. Sie müssen nur 7% zahlen. 

Ursprüngliche Forderung: 1.900 € x 2 = 3.800 €. 

Vergleichsbetrag: 140 € x 2 = 280 €. 

Quote: 100 % : 3.800 € x 280 € = 7%

Nach den eingangs genannten Grundsätzen war zu erwarten, dass das Jobcenter den Klägern 93% der Anwaltskosten erstatten muss, für alle Instanzen und alle Verfahren.

Kostenentscheidung des LSG

Das Jobcenter hat den Klägern 80% der Anwaltskosten für die Berufung zu erstatten, d.h. 20% tragen sie selbst. Die Anwaltskosten für die Nichtzulassungsbeschwerde werden nicht erstattet.

Obgleich das LSG selbst vorgeschlagen hatte, dass sich die Parteien auf 140 € pro Kopf einigen, hat es nach dem Vergleich behauptet, das Jobcenter hatte Anspruch auf ca. 180 € pro Kopf. 

Sodann hat das LSG 1.900 € (urspr. Forderung gegen 1 Kläger) und 360 € (Restforderung gegen 2 Kläger) in Relation gesetzt:

100 % : 1.900 € x 360 € = ca. 20%

Die Nichtzulassungsbeschwerde sei unzulässig gewesen, weil die Beschwer über 750 € lag, auch wenn das Jobcenter nur Anspruch auf 360 € hatte. 

Die Logik erschließt sich nicht.

Fazit: Man sollte die Kostenentscheidung nicht dem Gericht überlassen, selbst wenn das Gericht diesen Vorschlag macht, sondern die Kosten direkt selbst im Vergleich regeln.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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